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Sängerbund-Wander-Wochenende SCHWÄBISCHE ALB 17. bis 19. Juli 2020

Nach einer abenteuerlichen, aber pittoresken Anfahrt über Lenningen, Grabenstetten, Hengen, Münsingen Richtung Ehingen trafen sich am Freitag gegen 10.30 Uhr 14 Unerschrockene vor dem Landgasthof „Hirsch im Grünen“ in Mehrstetten. Und schon begann die erste Wanderung ins Landschaftsschutzgebiet Böttental.

„Mich brennt’s in meinen Reiseschuhn, fort mit der Zeit zu schreiten“. Mit diesen Zeilen von Joseph von Eichendorff im Kopf ging es beschwingt los, auch wenn der Himmel sich bedeckt hielt und den ein oder anderen Regentropfen schon erahnen ließ. Doch gut ausgerüstet mit regensicherer Bekleidung und festem Wanderschuhwerk trotzten wir den Unbilden der Natur.

Nach kurzer Durchquerung des kleinen Orts Mehrstetten, 750 m hoch auf der schwäbischen Albhochfläche gelegen, liefen wir am Sportplatz vorbei ins Böttental hinein. Ein still gelegter, leise vor sich hin rostender Skilift erinnerte uns daran, dass es mal Zeiten gab, in denen Skifahren auf der Alb ein beliebtes Freizeitvergnügen im Winter war.

Bald schon meldete sich der Hunger zu Wort: Zeit für eine Vesperpause. Mangels Rastplatz nahmen wir unsere mitgebrachten belegten Brote, Obst und Gemüse im Stehen ein und genossen die unvergleichliche Ruhe in der Natur. Nur einige sehr aufdringliche Bremsen beeinträchtigten die Idylle und mussten immer wieder hartnäckig verscheucht werden.

Im weiteren Verlauf unserer Wanderung durch mancherorts durch Regen und Forstmaschinen schwer aufgeweichte, matschige Waldwege kamen wir an einer alten Naturskisprungschanze vorbei. Obwohl der Wald die Schanze inzwischen zurückerobert hatte, war die Steilheit der Anlage noch beeindruckend, und ließ uns den Mut derjenigen bewundern, die einst dort hinuntergefahren sind.

Ein Mix aus blauem Himmel und Wolken begleitete unseren Rückweg zum Gasthof. Angenehmer Sonnenschein wärmte uns und reihenweise entledigten wir uns unserer Regenjacken. Kurz vor unserem Ziel flanierten wir einen von Linden gesäumten Feldweg entlang.

Das Brausen und Summen der Bienen im Blütenmeer der Linden erfüllte die Luft. Am unvergleichlichen Farbenspiel des reifen Dinkelkorns im Licht der Sonne konnten wir uns gar nicht satt sehen, und die bunte Pflanzenvielfalt der Blühstreifen mit Kornblume, Phacelia, Borretsch, Rot-/Weißklee u.a. – ein Eldorado für Insekten – bot zahllose Motive für die begeisterten Fotograf*innen unter uns.

Mit kühlen Getränken (zisch!) und Kaffee mit Obstkuchen und Hefestollen ließen wir es uns auf der Sonnenterrasse gut gehen. Danach bezogen wir unsere schönen, großzügigen, sauberen Zimmer. Um 18 Uhr fanden wir uns zum leckeren Abendessen ein: Rinder- und Rehbraten mit Klößen. Natürlich durfte das eine oder andere Viertele nicht fehlen.

Am Samstagmorgen wartete ein reichhaltiges Frühstücksbüffet auf uns. Und schon ging es auf zur zweiten Wanderung durch das Naturschutzschutzgebiet Schandental.

Ein strahlend sonniger Tag erwartete uns auf der zweiten Wanderung hinein ins Schandental. Anfangs frisch voranschreitend durch Laub- und Nadelholzwald gelangten wir schnell zu den offenen, teils busch- und baumbewachsenen Heideflächen, die für das Schandental so kennzeichnend sind. 273 Pflanzenarten wurden hier kartiert. Und die außergewöhnliche Blütenvielfalt lockt fast 70 Schmetterlingsarten in dieser schönen Landschaft an.

An einem aussichtsreichen Grillplatz erlebten wir die Tücken unserer modernen Technik: die Suche nach dem Selbstauslöser unserer Digitalkameras verwandelte das obligatorische Gruppenfoto zu einer äußerst unterhaltsamen Comedy-Einlage.

Danach wanderten wir noch weiter auf Heideflächen und genossen die herrlichen Ausblicke ins Schandental. Schließlich hielten wir uns im weiteren Verlauf unseres Weges immer nah an der im Tal verlaufenden malerischen, nicht elektrifizierten Strecke der Schwäbischen Albbahn. Die Anziehungskraft dieser wunderbaren Landschaft zeigte sich auch in der großen Anzahl der Radfahrer*innen, die sich mit uns den eben verlaufenden Feldweg durch das Tal teilten.

An der Kläranlage von Mehrstetten verließen wir das Schandental und bewegten uns wieder bergauf in Richtung unseres Landgasthofs. Die Wärme des Tages forderte Tribut und so sehnten sich alle nach einem kühlen erfrischenden Hefeweizen oder Mineralwasser.

Wieder zischten die Getränke auf der Sonnenterrasse und ein „heißer“ Spielenachmittag nahm seinen Lauf. Verdientermaßen ließen wir uns ab 18 Uhr panierte Schnitzel und Hähnchen mit Klößen und Spätzle schmecken. Inzwischen waren auch die letzten zwei Wanderfreund*innen aus ihrem 24-Stunden-Rentnerdasein zu uns gestoßen. Wieder war ein gemütlicher Abend gesichert, der zunächst zu einer heißen Diskussion über zwei Handy-Fotos der alten Ruiter Kirche und über die Lage von Pfarrhaus, heutigem Parkplatz, alter Schule, Schrebergärten usw. führte. Das war recht spannend. Zu guter Letzt begaben wir uns in die Dunkelheit hinaus, um den spektakulären Kometen „C/2020 F3 (Neowise)“ zu beobachten. Tatsächlich konnte man (manche mit etwas Phantasie) diesen unterhalb des Kastens des Großen Wagens samt Schweif erkennen. Mal blinkte er ganz hell auf, mal hielt er sich dezent zurück. Leider kann er erst wieder in ca. 7.000 Jahren bestaunt werden. Dieser Wander-Wochenend-Termin ist schon reserviert.

Nach dem gemütlichen Frühstück packten wir unsere Koffer und fuhren nach Hütten im Schmiechtal.

Unsere sonntägliche Wanderung startete vom Wanderparkplatz oberhalb des Ortes Hütten aus. Der Sonntag machte seinem Namen alle Ehre: ein wunderbar blauer Himmel und strahlender Sonnenschein luden zu beschwingtem Wandern ein. Die in unmittelbarer Umgebung imposant emporragenden Felsen vermittelten fast schon alpines Landschaftsgefühl. Die dazu passenden Gedanken beschrieb Joseph von Eichendorff in seinem schönen Gedicht „Allgemeines Wandern“:

Vom Grund bis zu den Gipfeln
So weit man sehen kann,
Jetzt blüht's in allen Wipfeln,
Nun geht das Wandern an:

Die Quellen von den Klüften,
Die Ström' auf grünem Plan,
Die Lerchen hoch in Lüften,
Der Dichter frisch voran.

Und die im Tal verderben
In trüber Sorgen Haft,
Er möcht' sie alle werben
Zu dieser Wanderschaft.

Und von den Bergen nieder
Erschallt sein Lied ins Tal,
Und die zerstreuten Brüder
Fasst Heimweh allzumal.

Da wird die Welt so munter
Und nimmt die Reiseschuh',
Sein Liebchen mitten drunter,
Die nickt ihm heimlich zu.

Und über Felsenwände
Und auf dem grünen Plan
Das wirrt und jauchzt ohn' Ende -
Nun geht das Wandern an !

 

Nun also die Wanderschuhe geschnürt, die Rucksäcke gepackt, die Wanderstöcke fest im Griff, so ging es einen schmalen steilen Saumpfad den Berg hinauf.

Der etwas anstrengende Weg entschädigte immer wieder mit fantastischem Blick ins malerische Schmiechtal – Fotomotive soweit das Auge reicht. Wie extra für uns bestellt fuhr die Schwäbische Albbahn gemächlich durchs Tal und hielt kurz am Bahnhof Hütten. Nicht wenigen von uns ging der Eindruck einer Modelleisenbahn durch den Kopf.

Am Ende des Aufstiegs erwartete uns die Ruine „Schloss Justingen“ (Burg Hohenjustingen). Deren Anfänge reichen bis ins 11. Jh. zurück. Die Burganlage liegt auf einem lang gezogenen Felssporn über dem Schmiechtal und wurde von den Herren von Justingen erbaut. Nachdem dieses Geschlecht 1345 ausgestorben war, erwarben die Freiherren von Freyberg 1530 die Burg und begannen 1540 mit dem Bau eines Schlosses auf den Resten der alten Burg. 1569 wurde das Renaissance-Schloss mit vier dreigeschossigen Flügeln unter Baron Michael von Freyberg fertiggestellt. Nach mehrfachen Verwüstungen im Dreißigjährigen Krieg wurde das Schloss 1751 schließlich an Herzog Carl Eugen von Württemberg verkauft. 1834 schließlich kaufte die Gemeinde Hütten die zuletzt als Brauerei und für Schafzucht genutzte Anlage und begann mit dem Abbruch. Die letzten verbliebenen Reste, von denen wir noch Teile der alten Wehrmauer und Kellergewölbe sehen konnten, wurden erst ab 2005 gesichert.

Ein weiteres Highlight unserer heutigen Wanderung folgte nach einigen Hundert Metern auf der Albhochfläche und lud zum Verweilen ein: die kleine romantische Schlosskapelle duckte sich eingequetscht zwischen mächtigen Stämmen unter den weit ausladenden Kronen zweier Lindenbäume.

Unser weiterer Weg vorbei an einem historischen Wasserbehälter führte uns hinab ins Bärental. Die bequeme Wanderung durch Wald und Flur, begleitet von emsigen Vogelgezwitscher, versetzte uns in eine entspannte frohe Stimmung.

Im letzten Teil unserer Wanderung in der Kernzone des Biosphärengebiets Schwäbische Alb verengte sich das Bärental zu einer beeindruckenden engen Felsschlucht. Steil aufragende bemooste Felsen auf beiden Seiten und in die Felsen hineingeschlagene Stufen verliehen dem Weg einen abenteuerlichen Charakter. Durch die Enge des Tals und die zusätzlich Schatten spendenden Bäume blieb der Weg hinab kühl und feucht. Die vergangenen Regentage taten ihr Übriges, um den Weg über nasse felsige Passagen zu einem rutschgefährdeten Parcours werden zu lassen. Alle bewegten sich langsam und mit besonderer Vorsicht nach unten.

Schließlich erreichten wir die Bärentalhöhle (auch Bärenhöhle oder Eulenloch genannt), deren dunkler Eingang gleich neben dem Weg zur Erforschung einlud. Die Höhle ist in den Sommermonaten frei zugänglich und kann mit Taschenlampe „bewaffnet“ über eine Länge von ca. 40 m besichtigt werden, nach wenigen Metern allerdings nur noch in sehr gebückter bzw. kriechender Haltung.

Im Anschluss an dieses „Abenteuer“ waren es nur noch wenige Schritte zum Landgasthof Bären, wo unser vorab bestelltes Mittagessen auf uns wartete, und es galt, unseren knurrenden Magen zu seinem Recht zu verhelfen.

 

Im gemütlich rustikalen Ambiente des „Bären“ erschlugen uns die älblerischen Portionen fast. Trotzdem gab es noch Unersättliche, die zu den hausgemachten Kuchen nicht „Nein“ sagen konnten.

Wohlgemut fuhren wir nach diesem etwas fleischlastigen, aber erlebnisreichen Wanderwochenende wieder in Richtung Fildern.

Ein herzliches „Dankeschön“ an Rainer und Margit Lechner für die gewohnt professionelle Organisation des Wanderwochenendes und für viele spannende Informationen rund um unser Wandergebiet!

Hanne Dengler und Oliver Pütz-Gerbig